Aktuell schlägt der Fall Marla-Svenja große Wellen: es geht um Rechtsextremismus und es geht um das Selbstbestimmungsgesetz, welches seit dem 01. November 2024 in seiner Gesamtheit in Kraft getreten ist. Für all jene, deren erste Reaktion jetzt „Who the fuck is Marla-Svenja?“ ist: es geht um Marla-Svenja Liebich, die 1972 als Sven Liebich in Halle (Saale) geboren wurde. Marla-Svenja erreichte eine gewisse Bekanntheit aufgrund ihrer rechtsextremen Einstellung, u.A. auch als führende Persönlichkeit innerhalb des Netzwerks Blood and Honour in Sachsen-Anhalt oder durch den Betrieb eines Versandhandels für Artikel mit angeblich rechtsextremen Slogans und Motiven. Der Shop sticht vor Allem durch ein schreckliches Layout heraus.
Hinweis: ich habe den Shop nur sehr kurz und keineswegs umfassend in Augenschein genommen und habe da den üblichen, größtenteils hässlichen AfD Schrott entdeckt. Das Angebot scheint von völkisch anmutend bis vermeintlich witzig konservativ zu reichen. In den wenigen Blicken, derer ich den Shop gewürdigt habe, habe ich allerdings nichts Extremes im tatsächlichen Wortsinne entdeckt.
Marla-Svenja Liebich ist juristisch kein unbeschriebenes Blatt. Mehrere Verurteilungen wegen u.A. Volksverhetzung führten bereits zu Geld- und Bewährungsstrafen. Auch jetzt droht Marla wieder eine Freiheitsstrafe, auch dieses Mal wieder wegen rechtsextremer Taten.
Aus Sven wird Marla-Svenja
Was zu Beginn niemand für möglich hielt, der das SBGG für eine gute Sache hielt, von Skeptikern und Gegnern des Gesetzes allerdings mehrfach vorhergesagt wurde, schockt nun ‚die Guten‚. ‚Er‚ meine dies doch garantiert nicht ernst, sei gar nicht trans, könne damit doch nicht durchkommen. Die Empörung ist groß. Doch warum ist das so? Wer entscheidet, was Ernst und was Schabernack ist? Es steht Liebich schließlich nicht auf die Stirn geschrieben, als was Liebich sich identifiziert. Und genau darauf kommt es doch angeblich an.
Wir sollen die Personen Ganserer, Kellermann und co. so akzeptieren, wie sie sich geben. Wenn ein Recht(sextrem)er dasselbe tut, wird das wiederum nicht akzeptiert. Es ist unter Anderem diese Hybris, die deutlich macht, worum es wirklich geht. Um Deutungshoheit nämlich, darum, dass die eigene Seite das Sagen haben soll und wer das nicht akzeptiert, der ist der Böse. Um die Sache als solche ging und geht es nur am Rande, schon immer. Das Selbstbestimmungsgesetz öffnet dabei Tore, durch die man am Liebsten nur die eigenen Leute gehen sähe.
Nicht überraschend, aber entlarvend und bezeichnend: all das, was man der Gegenseite vorher vorwarf, tun ‚die Guten‚ nun gerade selbst. Deadnaming, Verstöße gegen das Offenbarungsverbot und mehr: wer Ganserer, Kellermann und co. mit ihren sogenannten Dead Names bezeichnete, musste oft ordentlich dafür bezahlen. Im selben Atemzug wiederum begehen die Guten in ihrer Empörung gerade dieselben Taten und monieren lautstark und mit zum Teil bemerkenswert intoleranter Diktion, dass Liebich angekündigt haben soll, ebenfalls gegen Deadnaming vorzugehen.
Alle oder keiner – Rosinenpicken ist kindisch
Es ist schlicht kindisch, sich herauspicken zu wollen, was wann wie für wen gilt. Das gibt vor Allem die Gesetzeslage auch gar nicht her. Das Gesetz ist da sehr klar. Wer zum für sich zuständigen Amt geht und den Geschlechtseintrag ändern lässt, genießt fortan und ohne Einschränkungen alle Rechten und Pflichten, die mit einer Eintragsänderung nach dem Selbstbestimmungsgesetz einhergehen. Nirgends im Gesetz steht, dass nur Linke und Grüne damit gemeint sind. Und gerade die Hürde, dass man nachweisen muss, sich auch wirklich mit dem angegebenen Geschlecht zu identifizieren und dass man nicht einfach nur trollt, fiel ja nun mit eben jenem Gesetz überhaupt erst weg.
Um es plump auf den Punkt zu bringen: Ihr habt das Bett gemacht, jetzt schlaft auch darin.
Der Fall Liebich zeigt sehr schön, was von vornherein falsch und nicht in Ordnung war mit dem Selbstbestimmungsgesetz. Liebe Linken, Ihr habt den Mist verzapft. Wie man sich bettet, so liegt man.
Wer sich weiterführend mit der Thematik befassen möchte, dem sei als Einstieg diese kurze Einlassung von Marcus Pretzell empfohlen:
Was ich persönlich generell von dem Thema halte, dürfte bekannt sein. Wer es noch nicht weiß, kann es auf chicksdonthavedicks.com nachlesen (englisch). Davon ab gilt weiterhin, ganz pragmatisch und nüchtern: wenn Kellermann, Ganserer und co. Frauen sind, dann ist auch Marla-Svenja Liebich eine Frau.
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